NÖ VNG: Zulässigkeit des EV-Antrages durch Bewerber, die mangels Eignung nicht zur Teilnahme an der 2. Stufe des Verhandlungsverfahrens zugelassen wurden
LVwG-VG-12/001-2021, 21.10.2021
Bei der Interessenabwägung ist auf die allgemeinen Interessen und Grundsätze Rücksicht zu nehmen, dass der Auftraggeber bei seiner zeitlichen Planung des Beschaffungsvorganges die Dauer eines allfälligen Rechtsschutzverfahrens mit einzukalkulieren hat (siehe zB BVA N/0038-BVA/10/2010-EV19), dass das öffentliche Interesse an der Sicherstellung der Auftragserteilung an den tatsächlichen Bestbieter zu berücksichtigen ist (grundlegend VfGH B 1194/02) und schließlich dass gemäß § 14 Abs 4 NÖ VNG von der Erlassung einer einstweiligen Verfügung nur dann abzusehen ist, wenn die Interessenabwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen ergibt.
Dem Zweck des einstweiligen Rechtsschutzes, nämlich der Ermöglichung der Teilnahme an einem rechtskonformen Vergabeverfahren [hier: Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung] ist durch eine entsprechende Maßnahme Genüge zu leisten. Zweck einer einstweiligen Verfügung ist es demnach, die dem Antragsteller bei Zutreffen seines Vorbringens drohenden Schäden und Nachteile abzuwenden, indem der denkmögliche Anspruch auf Zuschlagserteilung dadurch wirksam gesichert wird, dass das Verfahren bis zur Entscheidung in der Hauptsache in einem Stand gehalten wird, der eine allfällige Teilnahme der Antragstellerin am Vergabeverfahren ermöglicht. Dabei ist gemäß § 14 Abs 4 NÖ VNG die jeweils gelindeste noch zum Ziel führende vorläufige Maßnahme zu verfügen.
Bei der beabsichtigten Einladung von Bewerbern zur Angebotslegung durch die Auftraggeberin ist die vorläufige Untersagung dieser Einladung die gelindeste noch zum Ziel führende vorläufige Maßnahme (vgl BVwG W138 2123604-1).
Die Grundsätze der Bietergleichbehandlung und der Nichtdiskriminierung [hier: Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung nach dem NÖ VNG] gebieten es, mit der Einladung zur zweiten Stufe dieses Verfahrens und der damit verbundenen Übermittlung der detaillierten Angebotsunterlagen zuzuwarten, bis feststeht, welche Bieter in der zweiten Stufe des Verhandlungsverfahrens überhaupt teilnehmen werden. […] Die Zulässigkeit von Anträgen auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung in dieser Stufe eines Verhandlungsverfahrens mit vorheriger Bekanntmachung entspricht der Praxis der gerichtlichen Vergabenachkontrolle (vgl BVwG W138 2123604-1; W123 2213111-1; VwG Wien VGW-124/087/9927/2020).
Durch die Begrenzung der einstweiligen Verfügung [§ 14 Abs 6 NÖ VNG] mit der Dauer des abzusichernden Nachprüfungsverfahrens wird die Dauer der einstweiligen Verfügung bestimmbar gemacht. Die Zeit bemisst sich nach der Dauer des Nachprüfungsverfahrens.
§ 14 Abs 6 NÖ VNG verlangt lediglich die Festsetzung einer Zeit und legt keine Höchstfrist fest. Aus dem Zweck der einstweiligen Verfügung, der Absicherung eines effektiven Nachprüfungsverfahrens, ergibt sich, dass die einstweilige Verfügung für die gesamte Dauer des Nachprüfungsverfahrens erlassen werden soll und mit dieser Dauer durch das Gesetz überdies begrenzt ist.