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SPG: Maßnahmenbeschwerde(n) bei Annäherungsverbot(en) gegenüber mehreren Personen; Stellungnahmemöglichkeit des Gefährders


LVwG-M-13/001-2023, 14.03.2024


Ein Betretungs- und Annäherungsverbot kann auch telefonisch wirksam ausgesprochen werden. Es erlangt mit der telefonischen Bekanntgabe rechtliche Wirksamkeit ((so auch Keplinger/Pühringer, Sicherheitspolizeigesetz, Praxiskommentar, § 38a, Anm. 21, unter Berufung auf VwGH 2004/01/0579).

Bei einem auf § 38a Abs 1 SPG gestützten Betretungsverbot für eine Wohnung, mit dem Annäherungsverbote an mehrere dort wohnhafte Personen verbunden werden, haneldt es sich nur um einen einzigen Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (und nicht um mehrere solche Akte). Ungeachtet dessen scheint es naheliegend, dass in einem solchen Fall das Betretungsverbot und die damit verbundenen Annäherungsverbote hinsichtlich jeder dieser Personen einer gesonderten (Teil-)Entscheidung des Verwaltungsgerichts iSd (von ihm gemäß § 17 VwGVG anzuwendenden) § 59 Abs 1 letzter Satz AVG zugänglich ist.

Zwar unterscheiden sich Maßnahmenbeschwerden von Bescheidbeschwerden insoweit grundlegend, als sie sich regelmäßig in einer ex-post-Kontrolle des angefochtenen Aktes unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt erschöpfen (was sich speziell im Wortlaut des § 28 Abs 6 VwGVG zeigt, wonach ein solcher Akt im Fall seiner Rechtswidrigkeit grundsätzlich für rechtswidrig zu erklären und nur „gegebenenfalls“, also wenn er noch andauert, aufzuheben ist, vgl dazu im Detail Leeb in Hengstschläger/Leeb, AVG § 28 VwGVG, Rz 174 ff, Stand 15.02.2017, rdb.at), jedoch hat der Verwaltungsgerichtshof auch bei Maßnahmenbeschwerden die Möglichkeit des Fehlens bzw des Wegfalls des Rechtsschutzbedürfnisses bereits bejaht (vgl VwGH 89/03/0126, mwN, zu einer vorläufigen Beschlagnahme, wenn ein anschließender Beschlagnahmebescheid von der Berufungsbehörde behoben wurde).

Es besteht kein Rechtsschutzbedürfnis und ist die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein Betretungs- und Annäherungsverbot vor der Entscheidung des VwG über die dagegen erhobene Maßnahmenbeschwerde von der Behörde (insbesondere, aber nicht nur bei der Überprüfung nach § 38a Abs 7 SPG; vgl zu der darüber hinaus gehenden Verpflichtung der Behörde zur Aufhebung VfGH G 414/2017) aufgehoben wird, jedenfalls sofern die Begründung zum Ausdruck bringt, dass das Verbot bereits im Zeitpunkt seiner Erlassung rechtswidrig war.

ISd RSp des VfGH gehört es zu der dem einschreitenden Organ zumutbaren Sorgfalt, einen mutmaßlichen Gefährder vor der Verhängung eines Betretungs- und Annäherungsverbots mit den gegen ihn erhobenen Vorwürfen, auf die sich eine Gefährdungsprognose stützen kann, zu konfrontieren und ihm die Möglichkeit zu geben, sich in der gebotenen Kürze dazu zu äußern und seine allenfalls abweichende Darstellung nach Möglichkeit zu belegen. Erst wenn die Widerlegung jener Tatsachen, auf die sich die Gefährdungsprognose stützt, in der gebotenen Kürze nicht gelingt, darf ein Betretungs- und Annäherungsverbot verhängt werden […].

Volltext der Entscheidung