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AVG: Ordnungsstrafe wegen beleidigender Schreibweise iZm mit Bekanntgabe des Befundergebnisses der COVID-19-Testung und Absonderung


LVwG-S-94/001-2021, 11.02.2021

Die Ausführungen, „gern wissen zu wollen, wie es möglich sei, dass den gesamten Tag über eine Horde völlig inkompetenter Gestalten (tlw vom Bundesheer, arme Bürscherl, die gar nicht wissen welchem Schwachsinn sie da Vortrieb leisten)“ […] anrufen und permanent Daten abfragen würden“ unterstellen sowohl den behördlichen Organen, „eine Horde völlig inkompetenter Gestalten“ zu sein, […] und gleichzeitig eine Beleidigung der im Assistenzeinsatz bei der Behörde stehenden Angehörigen des Bundesheeres dahingehend, dass ihnen die Fähigkeit zu selbstbestimmtem Handeln und Erkennen ihrer Handlungen sowie deren Auswirkungen abgesprochen werden [Qualifikation als beleidigende Schreibweise iSd § 34 Abs 3 AVG].

Wenn auch einem Objekt selbst [hier: ein von der Behörde bereitgestelltes Kontaktformular iZm dem Contact-Tracing betreffend COVID-19] die Eigenschaft „vertrottelt“ nicht zuschreibbar ist, impliziert diese Ausdrucksweise klar und beleidigend, dass die Erzeuger dieses Kontaktformulars (behördliche Organe) mit dem Begriff „vertrottelt“ bedacht werden sollten [Qualifikation als beleidigende Schreibweise iSd § 34 Abs 3 AVG].

Die in einem an die Behörde gerichteten Schreiben verwendete Bezeichnung einer Polizistin, die behördlich verfügte Maßnahmen iZm Contact-Tracing betreffend COVID-19 zu kontrollieren hatte, mit „immerhin eine richtig fesche“, ist diminuierend und beleidigend dergestalt, dass dieses Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes mit der gewählten Wortfolge klischeehaft auf das Äußere reduziert wurde [Qualifikation als beleidigende Schreibweise iSd § 34 Abs 3 AVG].

Mit der Wortfolge „unterlassen Sie es, uns von schwangeren Kindergärtnerinnen, begriff-stutzigen Bundesheer-Mitarbeitern und anderen Gestalten im Stunden-takt anrufen zu lassen, um Daten zu erheben, die kurz davor schon mal erhoben wurden!!!!!!!“ werden […] gegenüber den bei der Behörde mit der Vollziehung von COVID-19- Maßnahmen eingesetzten Organen, durch die Wortwahl „von schwangeren Kindergärtnerinnen“, „begriffstutzigen Bundesheer-Mitarbeitern“ und „anderen Gestalten“ abseits jeglicher objektiver Meinungsäußerung in Serie extrem beleidigende Frontalangriffe auf die durch die Behörde eingesetzten Organe, die das Contact-Tracing im Interesse der allgemeinen Sicherheit und Gesundheitsvorsorge vorzunehmen haben, vorgenommen [Qualifikation als beleidigende Schreibweise iSd § 34 Abs 3 AVG].

Widersprechen die [schriftlichen] Äußerungen jedenfalls den Mindestanforderungen von Anstand, so vermag auch die Überzeugung einer Partei, ihre Kritik sei berechtigt, nicht zu entschuldigen, ebenso wenig wie ein Vorbringen, wonach mit der Schreibweise eine „angemessene Entrüstung“ auf das Handeln der Behörde zum Ausdruck gebracht werden hätte sollen.

Ordnungsstrafen fallen nicht unter die Bestimmungen des Verwaltungsstrafrechtes (vgl VwGH 96/10/0033 ua). § 34 Abs 3 AVG stellt einen Eingriff in das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung dar, sie ist aber als solche zur Aufrechterhaltung der Ordnung in der demokratischen Gesellschaft notwendig und daher im Hinblick auf den Gesetzesvorbehalt des Art 13 StGG und des Art 10 EMRK unbedenklich (vgl etwa VfSlg. 9193/1981, 9408/1982, 13.035/1992; VwGH 2008/09/0344).

Der Zweck des § 34 Abs 3 AVG ist die Spezialprävention, also die Absicht, die betreffende Person von der Setzung eines ordnungswidrigen Verhaltens abzuhalten und damit den Anstand im schriftlichen Verkehr mit den Behörden zu wahren (vgl VwGH 2008/09/0344).

Volltext der Entscheidung