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NÖ BO 2014: Auftrag zur Behebung von Baugebrechen hat den Anforderungen des § 59 Abs 1 erster Satz AVG an die Bestimmtheit von Bescheiden zu entsprechen


LVwG-AV-1718/001-2023, 08.04.2024


Aus dem klaren Wortlaut des § 35 Abs 2 Z 1 NÖ BO 2014 ergibt sich, dass für die Erlassung eines Abbruchauftrages beide Tatbestandsvoraussetzungen, nämlich Unbenützbarkeit von mehr als der Hälfte des umbauten Raumes durch Baugebrechen einerseits und Nichtbefolgung eines Auftrages nach § 34 Abs 2 NÖ BO 2014 andererseits, kumulativ vorliegen müssen (so auch W. Pallitsch/Ph. Pallitsch/W. Kleewein, Niederösterreichisches Baurecht12 (2022), Anm 5 zu § 35 NÖ BO 2014, 620 f).  

Aus dem engen Zusammenhang der beiden Tatbestandsvoraussetzungen des § 35 Abs 2 Z 1 NÖ BO 2014 ist die Schlussfolgerung zu ziehen, dass nur Aufträge zur Beseitigung von (in der ersten Tatbestandsvoraussetzung ausdrücklich angeführten) Baugebrechen nach dem ersten Satz des § 34 Abs 2 NÖ BO 2014 die zweite Tatbestandsvoraussetzung des § 35 Abs 2 Z 1 NÖ BO 2014 erfüllen, und nicht etwa auch Aufträge zur Vornahme von Untersuchungen oder zur Vorlage von Gutachten nach dem zweiten Satz des § 34 Abs 2 leg cit, mögen sie auch bescheidmäßig ausgesprochen worden sein.  

Im Hinblick auf § 70 Abs 1 dritter Satz NÖ BO 2014 können auch Aufträge zur Behebung von Baugebrechen, die auf Vorgängerbestimmungen des § 34 Abs 2 NÖ BO 2014 (insbesondere auf § 33 Abs 2 NÖ BauO 1996) gestützt waren, die zweite Tatbestandsvoraussetzung des § 35 Abs 2 Z 1 NÖ BO 2014 erfüllen.  

Speziell zu baupolizeilichen Aufträgen vertritt der VwGH in stRsp die Ansicht, ein solcher habe so bestimmt zu sein, dass er Gegenstand eines Vollstreckungsverfahrens sein kann. Bei einem Beseitigungsauftrag darf daher kein Zweifel darüber bestehen, was im Detail beseitigt werden soll, und es muss aus ihm unmittelbar zu entnehmen sein, welche Bauteile abzubrechen sind. […]  

Die zweite Tatbestandsvoraussetzung des § 35 Abs 2 Z 1 NÖ BO 2014 vermag nur solche Aufträge zur Beseitigung von Baugebrechen zu erfüllen, die den angeführten Anforderungen an die Bestimmtheit von Bescheiden (hier konkret von baupolizeilichen Aufträgen) genügen. Es ist kein Grund zu erkennen, warum für das in ähnlicher Weise wie ein Vollstreckungsverfahren auf dem rechtskräftigen Auftrag zur Behebung von Baugebrechen aufbauende Verfahren nach § 35 Abs 2 Z 1 NÖ BO 2014 anderes gelten sollte.

Volltext der Entscheidung