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NÖ PolStG: Privatanklagesachen; Kostenersatz – zweckentsprechende Rechtsverfolgung, persönliche Umstände; Angemessenheit des Honorars


LVwG-S-1432/001-2023, LVwG-S-1432/002-2023, LVwG-S-1435/001-2023, LVwG-S-1435/002-2023, 02.10.2023


Ehrenkränkungen im Sinne des § 56 VStG sind jene Delikte gegen die Ehre, die nicht gerichtlich strafbar sind, also im Wesentlichen die Fälle der nicht öffentlichen Kränkung der Ehre (vgl Fister in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG2 § 56 Rz 2 mwN). Zumal Maßnahmen zur Verfolgung von Ehrenkränkungen in Gesetzgebung und Vollziehung Landessache sind, finden sich die für NÖ jeweils relevanten Bestimmungen in den §§ 3 bis 5 NÖ PolStG (vgl § 4 Abs 2 NÖ PolStG).

§ 5 Abs 1 und Abs 2 NÖ PolStG sehen eine Kostenersatzpflicht nur für die zur Verfolgung des Deliktes notwendigen Kosten vor; dies zudem nur bei Vorliegen der Voraussetzungen, dass die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens nicht aus dem Grunde der Zurechnungsunfähigkeit des Beschuldigten erfolgt ist und von ihm rechtzeitig ein betragsmäßig präzisierter Kostenersatzantrag gestellt wurde (vgl VwGH Ra 2020/03/0056, Rn 31 zu § 5 Abs 1 NÖ PolStG, wobei diese Ausführungen aufgrund der wortgleichen Formulierung der Wortfolge „die zu seiner Verteidigung notwendigen Kosten“ in beiden Absätzen auch auf § 5 Abs 2 NÖ PolStG zu übertragen sind).

Nach der Rsp des VwGH erfordert der Hinweis des Gesetzes [hier: NÖ PolStG] auf die Notwendigkeit der Kosten zur Verfolgung des Deliktes eine Prüfung, ob die Schwere des Delikts und die Komplexität seiner Verfolgung, insbesondere allfällige besondere Schwierigkeiten der Sach‑ und Rechtslage, die rechtsfreundliche Vertretung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich machten. Dabei sind – insoweit vergleichbar mit den Voraussetzungen für die Zuerkennung eines Verfahrenshilfeverteidigers nach § 40 VwGVG (vgl  VwGH Ra 2018/05/0227) – auch die persönlichen Umstände und die besondere Bedeutung des Rechtsfalls für die in ihrer Ehre gekränkte Personen zu berücksichtigen, während die Schwere der drohenden Sanktion, die als Prüfkriterium für den Beschuldigten von wesentlicher Bedeutung wäre, für das Opfer der Tat nicht so sehr ins Gewicht fällt (vgl VwGH Ra 2020/03/0056, Rn. 32).

Gegenstand des Kostenersatzes iSd § 5 NÖ PolStG können jedenfalls nur angemessene Kosten sein. […]

Die Allgemeinen Honorar-Kriterien (AHK), die nach der Rsp des VwGH (wie auch des OGH) als kodifiziertes Gutachten über die Angemessenheit der im Rechtsanwaltstarifgesetz (RATG) nicht näher geregelten anwaltlichen Leistung für die Honorarabrechnung anzusehen sind, denen jedoch kein normativer Charakter zukommt (vgl VwGH Ra 2020/03/0056, Rn 35 mHa VwGH 2009/06/0144; RIS‑Justiz RS0038369) sind für das Privatanklageverfahren nicht relevant, zumal diese in § 9 lediglich angemessene Honorarsätze für offiziose Strafsachen anführen (vgl OLG Linz, 10 Bs 8/97; OLG Linz 10 Bs 27/23a). Dies ist jedenfalls auch auf das Verwaltungsstrafverfahren übertragbar.

Der VwGH hat bereits ausgesprochen, dass als Maßstab zur Beurteilung der Angemessenheit des Honorars die sinngemäße Anwendung des RATG für eine Privatanklage im bezirksgerichtlichen Strafverfahren dienen kann (vgl VwGH Ra 2020/03/0056, Rn 35) […]. [hier: sinngemäße Anwendung des RATG, TP 4 I bei Beurteilung der Angemessenheit des Honorars im Verwaltungsverfahren und verwaltungsgerichtlichen Verfahren].

Volltext der Entscheidung