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GebAG: Schwelle für die Warnpflicht des nichtamtlichen Sachverständigen; Frage der sinngemäßen Anwendung des § 25 Abs 1a im baurechtlichen Kontext


LVwG-AV-1051/001-2021, 11.04.2022


Nach ständiger Rsp des VwGH dürfen der Partei gemäß § 76 Abs 1 AVG Kosten für eine im Widerspruch zu § 52 AVG stehende Heranziehung eines nichtamtlichen Sachverständigen nicht als der Behörde „erwachsene“ Barauslagen vorgeschrieben werden (vgl insb VwGH Ro 2015/10/0045, mwN). […] In Widerspruch zu § 52 AVG stünde die Heranziehung eines nichtamtlichen Sachverständigen jedenfalls dann, wenn sein Gutachten im Verfahren gar kein iSd § 52 Abs 1 AVG notwendiges Beweismittel darstellt.

Hält die Behörde ein Gutachten für mangelhaft, so darf sie es weder ihrer Entscheidung zugrunde legen noch die Fachfragen selbständig beurteilen. Vielmehr hat sie die Mängel durch die Einholung ergänzender oder neuer gutachtlicher Äußerungen zu beseitigen (vgl Hengstschläger/Leeb, AVG § 52 Rz 14, mwN aus der Rsp des VwGH; Stand 01.07.2005, rdb.at,).

Nach der stRsp des VwGH stehen die einer Landesregierung beigegebenen Amtssachverständigen den Gemeindebehörden auch in Vollziehung von Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches „zur Verfügung“. Dies gilt aber nur insoweit, als vom Amt der Landesregierung auch tatsächlich solche Amtssachverständige zur Verfügung gestellt werden (können). War das Bemühen einer Behörde gegenüber dem Amt der Landesregierung, Amtssachverständige zur Verfügung gestellt zu erhalten, ohne Erfolg, liegen die Voraussetzungen für die Heranziehung notwendiger nichtamtlicher Sachverständiger gemäß § 52 Abs 2 AVG vor (vgl VwGH 2000/06/0075, mwN).

Dem Gesetz kann nicht unterstellt werden, dass eine sinngemäße Anwendung des für die Justiz konzipierten § 25 Abs 1a GebAG zu dem Ergebnis führt, im verwaltungsbehördlichen Verfahren sei stets ein Schwellenwert für die Warnpflicht von € 2.000,– heranzuziehen. Eine solche Sichtweise würde nämlich außer Acht lassen, dass die generelle Anwendung dieses Schwellenwerts im verwaltungsbehördlichen Verfahren der unterschiedlichen Komplexität der Materien und den Besonderheiten unterschiedlicher Verwaltungsverfahren nicht ausreichend Rechnung trägt. Eine sinngemäße Anwendung des § 25 Abs 1a GebAG im Verwaltungsverfahren erfordert vielmehr – bis zu einer allenfalls klarstellenden Lösung im Gesetz – eine differenzierte Betrachtung, die den Zielen der Warnpflicht (auch unter Bedachtnahme auf das BRÄG 2008) einerseits und den Besonderheiten der jeweils in Rede stehenden Verwaltungsverfahren andererseits Rechnung trägt (vgl VwGH Ro 2020/03/0020).

Volltext der Entscheidung